In Schubladen passen! Oder: Passt dein Kind in deine Schubladen?

26.02.2020

Kinder werden geboren, und das erste, was Verwandte und Bekannte von dem Kind beschrieben bekommen, sind Größe und Gewicht des Kleinen.

Petra, 52cm groß und 2900g leicht hat heute das Licht der Welt erblickt....heißt es da. 'Oh, sie ist aber groß.' 'Aber gar nicht so schwer...'

Wir beginnen beim 1. Kontakt damit, das Kinder schon einzuteilen in groß genug, zu schwer, zu leicht, genau richtig, oder was auch immer.

Und ich nehme mich da nicht raus. Auch ich habe in der Nachricht an Freunde und Familie die Eckdaten meiner Söhne angegeben - mit größtem Stolz. Doch warum tun wir das? Wollen wir beweisen, dass wir fähig sind ein gesundes, 'normales' Kind zu zeugen? Oder ist es einfach der Stolz auf das Wunder, das da geschehen ist? Doch könnte man das nicht anders ausdrücken? Ohne Maßeinheiten anzugeben???

Nun gut! Müsste man ja kein Theater drum herum machen, höre ich einige von euch sagen. Aber es hört ja nicht auf: Ratgeber erklären uns, in welchem Monat unser Kind den Kopf heben, sich drehen, krabbeln, laufen oder trocken sein soll. Und zugegeben, es ist ja spannend, was da alles passiert. Es ist wunderbar nachzulesen und zu beobachten wie dein Kind sich zeitgleich entwickelt, solange dein Kind in diesen Raster passt.

Aber, wenn es nicht so ist, wenn die Maße deines Kindes nicht 'passen', wenn die Entwicklung nicht der Norm entspricht, dann meldet sich gerne mal so ein eigenartiges Gefühl im Bauch der Eltern.

Wir wissen es eigentlich genau: 'Jedes Kind hat sein eigenes Tempo'. Doch dieses mulmige Gefühl ist da. Und zwar erst, wenn es das eigene Kind betrifft. Wenn es um andere geht, sind wir uns sicher: 'Das kommt noch.' 'Spielt doch keine Rolle.' 'Mach dir keinen Kopf.'

Aber beim Eigenen, da können sich dann schon so Gedanken melden wie: 'Stimmt mit meinem Kind etwas nicht?' 'Habe ich etwas falsch gemacht?'

Und vielleicht schämen wir uns tief im Inneren sogar ein wenig dafür, dass das Kind nicht 'passt'!

Und damit nicht genug. In der Schule geht es weiter. Die Kinder müssen in vorgegebener Zeit, vorgegebene Inhalte erlernen. Da ist wenig Platz für die, bei denen es 'länger dauert'. Wobei ich mich an dieser Stelle frage, was dieses 'länger brauchen' bedeutet?

Irgendjemand hat sich ja irgendwann auch nur mal ausgedacht, dass diese und jene Lerninhalte von allen Kindern in dieser und jener Zeit gelernt werden müssen. Also hat jemand einfach mal 'erfunden' wann die Kinder rechnen, schreiben und lesen können müssen. Alles andere ist nicht normal = nicht genügend.

Und an dieser Stelle möchte ich deponieren, dass daran auch eine schriftliche Benotung nichts ändert. Der Raster bleibt. Nicht erreicht ist nicht erreicht. Ganz egal, ob ich das als 5 oder als 'Lernziel nicht erreicht' tituliere. Es wird nur anders formuliert. (Generell finde ich die schriftliche Benotung gut, weil sie aufschlussreicher ist, als die Ziffernnoten. Aber, wie gesagt, der Raster ist nach wie vor derselbe. Dieser sollte sich meiner Meinung nach in erster Linie ändern.)

Es fängt bei der Geburt an, und hört nicht mehr auf. Die Schubladen, in die wir rein passen sollen. Und sie sitzen tief, in jedem einzelnen von uns. Bei jedem etwas anders, aber sie sind da. Und vielleicht ertappst auch du dich dabei, wenn dein Kind in der einen oder anderen Sache nicht in die/deine Schubladen passt, wie du nervös wirst.

Das ist mir auch schon passiert. Ich habe gemerkt, dass mich ein Hauch von Panik gepackt hat, weil eben zum ersten Mal nicht alles nur glatt läuft. (Und es ist wirklich nichts Dramatisches gewesen..) Aber ich kann jetzt alle Mütter und Väter verstehen, deren Kinder sich in irgendeiner Form schwer tun.

Es macht Druck. Es macht Stress. Die Ladung steigt an - in der ganzen Familie.

Und da hilft für mich nur eins. Nach Bedarf und Notwendigkeit Blockaden lösen. Und zwar bei uns Eltern - und dann beim Kind.

Denn wenn WIR den Druck bei uns raus nehmen können, helfen wir dem Kind mehr, als mit allem anderen. Wenn unser Kind für uns genauso wie es ist richtig ist, dann haben wir schon gewonnen!

Ich habe gelernt - am eigenen Leib (nicht nur in der Theorie), dass es darum geht, unseren Kindern zu vertrauen. Sie gehen ihren Weg. Und an dieser Stelle möchte ich meine Freundin zitieren die einmal sagte:

'Das, wofür sie da sind; für das, was ihnen Freude macht, dafür haben sie alle Talente mitbekommen.'

Und versteht mich bitte nicht falsch, das heißt nicht, dass wir niemals eine 'Förderung' in Anspruch nehmen sollen. Es heißt einfach abzuwägen, was Sinn macht. Zu schauen, wer das eigentliche Problem hat. Und manchmal sind es wir Eltern, die ihr Schubladendenken ablegen dürfen.

Und in meinem Fall habe ich verstanden, dass meine Aufgabe in der Familie die ist, die Energie vom Thema Schule, auf die wirklich wichtigen Dinge des Lebens zu lenken!

Karoline

PS: Das ist ein riesen Thema, und noch lange habe ich dazu nicht all meine Gedanken aufgeschrieben. Ich glaube, es gäbe ein Buch ;) aber für heute, für diesen Beitrag ist es gut.